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Ein selbstgerechter Gruß an @mspro vom 27c3

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Hallo, unironisch geschätzter mspro,

ich fühl mich nebenan angesprochen, seh naturgemäß aber vieles bis eigentlich alles anders als du und mag das kurz erläutern.

Vorneweg: von Seda Gürses waren wir wohl beide sehr angetan, auch wenn ich ihre Gedanken zum Scheitern aller Anonymisierung vor allem in anderen als von dir angesprochenen Kontexten spannend fand. Ich seh die “Privacy as Practise” auch nicht nur etwas, was “einem gewährt” wird, sondern was man durchaus selbst proaktiv schaffen kann. Auch in den anderen Bereichen teile ich nicht den totalen Fatalismus, aber darum gehts nicht wirklich.

Um kurz deine zwei Knackpunkt-Absätze aber zu zitieren:


“Der Kontrollverlust ist gut, solange er die anderen trifft. Der CCC zieht hier überall Grenzen – alte und neue – und Datenschutz ist unfassbar wichtig. Für “die Guten“. Nicht für (vermeintliche) Nazis, nicht für Diplomaten, nicht für Wirtschaftsvertreter, nicht für “die Bösen“. Und bei den Security Nightmares durften wir dann wieder alle über die Bösen und Blöden lachen. Die Anderen. Ha! Geschieht denen nur recht! Lol!

Es ist ja nicht so, als ob sich der CCC nicht mit der Erosion der informationellen Selbstbestimmung auseinandersetzen würde. Er tut es nur auf eine unfassbar unreflektierte und selbstgerechte Art.”

Und hier mag ich mich mal freiwillig melden und sagen: Hallo, ich bin einer von diesen unfassbar unreflektierten und selbstgerechten Typen, die du wohl meinst. Ich finds fein, wenn “die Bösen” geoutet werden, ich freu mich täglich über Cablegate, ich lach über gehackte Nazis, ich veröffentliche sogar Schwanzbilder aus ihren PMs.

Gegen das “unreflektiert” mag ich mich aber verwehren. Das “selbstgerecht” lass ich mal stehen, das kommt eben mit der Zeit. Da kann man nichts machen.

Unreflektiert ist es aber meiner Ansicht nach, wenn man die Erosion der Privatsphäre des Bürgers gegenüber dem Staat in einen Topf wirft mit der Überwachung der Wächter, die eben ein Grundprinzip jeglicher Demokratie ist und nebenbei ein grundgesetzlich verbrieftes Recht einer freien Presse. Unreflektiert ist es, von der “Selbstgerechtigkeit der Guten” zu sprechen, wenn diese die einzigen sind, die noch mit einer wahrnehmbaren Motivation jenseits des Quotemachens engagiert die schmutzige Wäsche von Politik und Konzernen lüften.

Diejenigen pauschal zu bashen, die über Hintergründe und Vorgeschichte des Irakkriegs aufgeklärt haben, die Situation in Afghanistan, zum Policymaking in der EU, über die ganzen Lobbyismen etc., das Aufdecken der himmelschreienden Inkompetenz derer, die Gesetze und soziale Fakten schaffen gegen die, die mit den Folgen leben müssen – das ist unreflektiert.

Für den Nazipimmel darfst mir gerne böse sein. Das ist an sich nicht wirklich in Ordnung, und ob Nazis nicht auch gleiche Rechte verdienen, kann man meinetwegen gern diskutieren. Ich geh aber einfach mal davon aus, dass das von meinem “Kontrollverlust” betroffene kleine Würstchen von kaum jemanden da draußen im Zombieland wiedererkannt wird.

Nimms mir nicht übel, mir kommts so vor, als habe sich da jemand ausgekotzt, der anderen ihre gute Laune nicht gegönnt hat. Weil der Kontrollverlust ist in der Tat gut oder schlecht abhängig davon, wen er trifft. Deswegen gibt es, wie erwähnt, eine Presse, die eine verbriefte Kontrollfunktion wahrnimmt, was das Agieren von politischen und wirtschaftlichen Akteuren angeht. Diese Kontrollfunktion hat sie nicht in Bezug darauf, was Lieschen Müller nach Feierabend bei Orion bestellt. Und diese Differenzierung, die musst schon machen. Danach kann man gern weiterdiskutieren. Etwas reflektierter.

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